Du warst schon in Rom, bist aber noch nicht im Viertel Ostiense gewesen? Schau doch beim nächsten Mal vorbei! Warum? Ostiense ist von der englischen Zeitung The Guardian unter die 10 “coolsten Viertel” Europas gewählt worden. Ein Grund, es einmal näher vorzustellen!

Inhalt
Wo liegt Ostiense und was ist seine Geschichte?
Von San Paolo zur Pyramide
Das Viertel befindet sich ein bißchen weiter weg vom eigentlichen Tourismustrubel der Stadt, jedoch nicht so weit, dass man es nicht bequem besuchen könnte. Es schließt direkt ans Viertel Testaccio an, was vielleicht einigen vor allem aus kulinarischen Führern bekannt sein könnte. Von der Innenstadt aus gesehen, fängt es ungefähr auf Höhe der Metrostation Piramide an und endet weiter im Süden der Stadt bei der Basilika San Paolo vor den Mauern (San Paolo Fuori Le Mura). Die durchquerende Verkehrsader ist die Via Ostiense.


Von Gas, Kohle und Strom zu angesagten Startups
Ostiense entstand als Industrieviertel in den Jahren um 1900 herum. Vorher lag hier unbesiedeltes Gebiet. Der Fortschritt forderte eben auch hier sein Land, vor allem, weil Rom im Jahre 1870 zur Hauptstadt Italiens auserkoren wurde. Ein Titel, den vorher Turin tragen durfte.
Stumme Zeugen dieser industriellen Zeit sind heute noch die Gasometer, die Mercati Generali (Generalmärkte), der Porto Fluviale (Flußhafen), die Centrale Montemartini (Stromwerk) und die Brücke Ponte di Ferro (Eisenbrücke). Die Brücke war früher eine Brücke für Eisenbahn und Straßenbahn und ist heute für den Verkehr freigegeben bzw. kann auch zu Fuß überquert werden. Per Bahn, aber auch über den Tiber, wurde vor allem Kohle angeliefert, die für die Gas- und Stromproduktion nötig war.



Das ist Ostiense heute
Viele Gebäude des Viertels sind glücklicherweise bis heute erhalten. Das Gasunternehmen Acea hat heute noch seinen historischen Sitz in der Via del Gazometro.
Ja, in Ostiense macht sich eine gewisse Industrieromantik breit, die heute zwischen viel Street Art und angesagten Bars, Restaurants und Diskotheken, aber auch vielen neuen Startups eine starke Faszination vor allem auf Besucher zwischen 25 und 40 Jahren ausübt. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass mein Vater und meine Patentante hier nichts Besonderes fanden.




Zwischen all den hippen Leuten findet man aber auch noch die römischen Urgesteine: Vom historischen Café Andreotti bis zum überall bekannten und beliebten Bar-Wagen von Giorgio gegenüber dem Gasometer, an welchem sogar in einem alten Film von Carlo Verdone die Darsteller in einer Szene Kaffee trinken. Apropos Film: Im Innenhof der ehemaligen Diskothek Alpheus werden häufig Filmszenen gedreht.
Was Du in Ostiense sehen solltest
- Die Basilika San Paolo Fuori Le Mura
- Die Centrale Montemartini: Im Gebäude des ehemaligen Stromwerks befinden sich viele antike römische Skulpturen. Laut Guardian übrigens das wohl am meisten unterschätzte Museum Roms! (und das stimmt – siehe Foto unten!)
- Die Pyramide von Caio Cestio
- Den “protestantischen” Friedhof
- Die Gasometer

Abend- und Nachtleben in Ostiense

- Porto Fluviale ist die wohl angesagteste Pizzeria/Trattoria des Viertels. Schlange stehen inklusive, aber nicht so lange, dass es nicht mehr auszuhalten wäre.
- Caffè Letterario ist ein gelungener Mix aus Bar, Co-Working Space und Bibliothek mit Platz für abendliche Konzerte. Zeit mitbringen: das Personal ist sehr langsam und vergesslich. Ansonsten aber super, und ab 20 Uhr gibt es Apericena (Aperitivo mit Buffet).
- Auf der Via Ostiense, auf ungefährer Höhe des Viertels Garbatella, befinden sich einige Diskotheken. In der Nähe des protestantischen Friedhofs, in Via di Monte Testaccio, wartet noch eine andere Diskomeile auf dich, die gehört allerdings schon zum Viertel Testaccio.
Sicherheitshinweis: Die Gegend um die Metro Piramide herum ist ab 22 Uhr eher zu vermeiden. Das gilt besonders für meine weiblichen Leserinnen. Überhaupt solltest Du nachts zwischen Piramide und Via di Monte Testaccio nicht alleine unterwegs sein. Selbst die Taxifahrer haben ungern Dienst am Taxistand Piramide. Und ich spreche hier leider auch aus Erfahrung.
Mein ganz persönliches Ostiense
Blicke ich so auf die 5 Jahre zurück, in der ich in “meinem” Herzens-Startup BizUp gegenüber dem Gasometer gearbeitet habe, denke ich an eine schöne Zeit und ein wirklich sympathisches Viertel (samt Kollegen).

Für mich bleibt diese Gegend ein Stück “wahres” Rom der kleinen Leute, das noch nicht so touristisch ist und daher noch viel von seinem urtümlichen Charakter und Humor bewahrt hat.

Jeden Morgen, an dem ich das runde Stahlskelett des Gazometro in der Sonne sah, und abends, wenn ich es wieder nach den für Startups üblichen langen Überstunden im Sonnenuntergang oder bei Nacht sah, freute ich mich wie ein Honigkuchenpferd. Ja, wenn ich in ein Gebäude in Rom verliebt sein könnte, dann wäre es, was dir vielleicht seltsam vorkommen mag, tatsächlich dieses, mein Kolosseum aus Stahl.

Möchtest Du einen ganz persönlichen Genießer-Tipp von mir für Ostiense? Gehe in der Pasticceria Andreotti frühstücken und probiere dort meinen Lieblingskaffee: den “marocchino“, mit Schokocreme, Milchschaum und Mandeln.

Für Abends kann ich dir eine kleine gemütliche Weinbar in direkter Nähe zu Piramide empfehlen: Die Enoteca Giansanti. In deren Weinkeller gibt es eine riesige Auswahl, und für diejenigen, die lieber Bier trinken, hat man dort auch Bier auf Lager 😉 Manchmal gibt es hier auch kleine Konzerte oder Weinverköstigungen.
Tschüß, liebes Ostiense, bis zum nächsten Besuch!